2008
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Kurzmitteilung an die "Naturwissenschaftliche Rundschau" Stuttgart 
(2008 eingereicht, 2009 abgelehnt, Ablehnung siehe unter 2009) 

( Meine Kurzmitteilung mit allen Abbildungen erhalten Sie hier als pdf Datei von 3,1 MB. ) 

"Die Temperaturwerte –18°C und +33°C gehören nicht in Lehrbücher" 

Viele Lehrbücher machen anhand dieser beiden Zahlenwerte den Treibhauseffekt plausibel. Diese Zahlenwerte sind aber sehr unrealistisch. Es wird kurz dargestellt, wo die Fehler liegen und wie gravierend sie sein können. Diese Werte sollten in Lehrbüchern nicht länger verwendet werden. 

Der Treibhauseffekt beruht auf der Berechnung der Globaltemperatur der Erdoberfläche, welche -18°C ergeben soll, aus der Strahlungsbilanz zwischen Sonneneinstrahlung und Wärmeausstrahlung ins Weltall. Das Rechenergebnis von -18°C wird in Schulbüchern [1] und Universitätslehrbüchern [2] genannt. Es wird ergänzt durch Rechenergebnisse des sowjetischen Geophysikers Ya. K. Kondratyev, welche ebenfalls weit verbreitet sind [1], so auch in den Schriften der Bundesregierung [3]. Sie scheinen den Treibhauseffekt perfekt zu beweisen, weil sie die Differenz von +33°C zwischen berechneter (-18°C) und tatsächlicher Globaltemperatur (+15°C) mathematisch exakt erklären. Nach Kondratyev sollen die strahlungsaktiven Spurengase der Atmosphäre die Globaltemperatur um folgende Beiträge erhöhen: Wasserdampf +20,6°C, Kohlendioxyd +7,2°C, Ozon +2,4°C, Lachgas +1,4°C, Methan 0,8°C und alle weiteren Spurengase um +0,8°C, so dass sich in Summe die fehlenden +33°C ergeben. So wandelte sich die Hypothese in eine gesichert scheinende physikalische Theorie. 

Aber alle genannten Rechenergebnisse sind physikalisch falsch. Und damit entspricht die Hypothese eines natürlichen Treibhauseffektes in dieser Form sicher nicht der Wirklichkeit.

Das Rechenergebnis von -18°C ist deshalb physikalisch falsch, weil die Erdoberfläche bei dieser Rechnung behandelt wird, als sei sie ein "Schwarzer Strahler". Dieses Konzept existiert nur in der Theorie. Es ist so definiert, als absorbiere eine Oberfläche ankommende Strahlung zu 100% und emittiere umgekehrt Wärmestrahlung ebenfalls zu 100% (also Emissionsfaktor = 1). Keine wirkliche Oberfläche verhält sich so. Auf diese Weise wird die Globaltemperatur der Erde wissentlich falsch „so kalt“ berechnet, dass es kälter nicht geht. Wird zum Beispiel mit einem Emissionsfaktor von 0,61 gerechnet, stimmte das Ergebnis exakt mit der wirklichen Globaltemperatur von +15°C überein. Der natürliche Treibhauseffekt hätte sich „in Luft aufgelöst“. 

Die Frage nach dem wirklichen Emissionsfaktor der Erdoberfläche ist alles andere als trivial. Die wirklichen thermischen Emissionsfaktoren sind sehr stark materialabhängig. Glatte Metalloberflächen emittieren extrem wenig Wärmestrahlung mit Emissionsfaktoren <0,01, d.h. sie emittieren nur 1 Prozent oder noch weniger eines „Schwarzen Strahlers“. 

Kürzlich korrigierte die Firma Newport Electronics GmbH (www.omega.de) ihre anwendungstechnischen Tabellen mit Emissionsfaktoren beim Wert für Wasser von 0,67 auf 0,97 [4]. Die Korrektur wurde durch einen anonymen Protest ausgelöst, welcher wiederum ausgelöst wurde durch die Internetveröffentlichung des Rechenergebnisses von +8°C für die Globaltemperatur einer Planetenoberfläche nur aus Wasser mit dem Emissionsfaktor 0,67. Nicht protestiert wurde gegen den Emissionsfaktor für Erdboden von 0,38, der eine Strahlungsbilanzglobaltemperatur einer „Erde aus Erdboden“ von 52°C liefert. 

Fazit: -18°C als naturwissenschaftlich begründete Vorgabe für die Globaltemperatur der Erdoberfläche anzugeben, ist falsch. 

Nun zu den Rechenergebnissen von Kondratyev. Die oben genannten Zahlen wurden 1984 im Tagungsband einer Londoner Tagung veröffentlicht [5], also nicht einer wissenschaftlichen Zeitschrift mit ‚Peer Review’. Wissenschaftliche Literatur über die Art der Berechnung existiert nach Recherchen des Autors nicht. Aus dem Text auf der Buchseite in diesem Tagungsband ergibt sich, dass die Rechnung nur unter Berücksichtung der Absorptivität der Gase erfolgt sein soll, also ohne Berücksichtigung ihrer Emissivität. Die Rechenergebnisse sind somit keine physikalisch korrekten Strahlungstemperaturbeiträge, weil von vorne herein auf die notwendige Bilanzierung von Einstrahlung und Ausstrahlung verzichtet wurde. Die Temperaturbeiträge von Kondratyev sind unphysikalische Artefakte. 

In den Publikationen vor 1984 veröffentlichte Kondratyev Strahlungsbilanztemperaturbeiträge der Spurengase, die zumindest formal korrekt aus Bilanzen von Absorption und Emission berechnet wurden. Formal korrekt gerechnet zeigen Wasserdampf und Kohlendioxid in der Atmosphäre eine Kühlwirkung von –4°C am Boden [6]. Das bedeutet, dass die Oberflächentemperatur der Erde ohne Spurengase in der Atmosphäre +19°C betragen könnte, was einer globalen Emissivität von ca. 58% entspräche. Eine solche Emissivität in der Mitte der Emissivitäten wirklicher Materialien [4] zwischen 1% und 90% ist nicht gerade unwahrscheinlich in Anbetracht der materiellen Vielfalt der Erdoberfläche. 

Die genannten Rechenfehler sind trivial. Um so erstaunlicher ist es, wie unkritisch viele Lehrbuchautoren diese Fehler übernommen haben. Noch viel erstaunlicher ist aber, dass die thermodynamischen Zustandgleichungen der Materie bei der Globaltemperaturberechnung nicht berücksichtigt werden. Der thermodynamische Zustand der Materie ist aber entscheidend für die Temperaturverhältnisse im Inneren von Materie, die so massereich ist, dass sie einen messbaren Gravitationsdruck aufgebaut hat.  

Ein Planet in der Tiefe des Weltalls fernab jeder Sonne sollte ganz sicher eine Oberflächentemperatur von ca. 4K haben, also Weltraumkälte. Die Gravitationskraft in seinem Innern verursacht einen nach innen zunehmenden Druck. Nach der thermodynamischen Zustandgleichung seiner Materie steigen damit die Temperaturen im Inneren mit zunehmenden Drucken immer weiter an. Deshalb ist das Erdinnere „glutflüssig“, und die Erde behält ihre „Glutflüssigkeit“ im Innern auch dann noch, wenn die Sonne in Milliarden Jahren nicht mehr strahlen sollte. [7]  

Der Anstieg der Temperatur mit dem Gravitationsdruck gilt auch im Fall reiner Gasplaneten wie dem Jupiter. Dieser vergleichsweise sonnenferne Riesenplanet erreicht in seinem Inneren mindestens 20 000 K ([7], Seite 517). Und im Fall unserer Sonne muss die Gravitationskraft vor Milliarden Jahren so hohe Innentemperaturen erzeugt haben, dass bei >100 Mio K die Kernfusion „zündete“. 

Die Oberfläche der Erde liegt zwar nur unter einer Gasatmosphäre von ca. 1 bar Luftdruck. Doch auch dieses 1 bar entspricht einer zugehörigen „Zustandstemperatur“, die nicht einfach vernachlässigt werden darf. Die Globaltemperatur der Erdoberfläche ist die Summe aus „Zustandstemperatur“ und Strahlungsbilanztemperatur. Diese „Temperatur des physikalischen Zustandes“ ist auch maßgebend für die vergleichsweise hohe Temperatur auf der Venusoberfläche unter einem Atmosphärendruck von 90 bar [8]. 

Eigentlich kennt jeder „Bildungsbürger“ die Temperatureffekte des „physikalischen Zustandes“ auf unserer Erde. Jeder Bergsteiger kennt die Regel, dass mit 100 m Höhe die Lufttemperatur um ca. -0,6°C abnimmt und jeder Bergmann weiß, dass pro 33 m Tiefe die Bodentemperatur um ca. +1°C zunimmt. Die Gravitationskraft, damit der Druck und damit wiederum die Temperatur nehmen nach oben ab und nach unten zu. Diesen Zusammenhang beschreiben die „Zustandgleichungen der Materie“. Sie sind Lehrinhalt im Fach Wärmelehre bzw. Thermodynamik, betreffen aber auch Planeten ([7], Seiten 448 ff.: „Zustandsgleichung für planetare Materie“ ) 

Fazit. Die beiden falschen Rechengänge zu den –18°C (als Lehrbuchvorgabe für die Globaltemperatur ohne Treibhauseffekt) und zu den +33°C (als Lehrbuchvorgabe für den Treibhauseffekt) sollten mit wissenschaftlicher Sorgfalt richtig gestellt werden. Die im Titel genannten falschen Zahlenwerte sollten in Lehrbüchern nicht länger verwendet werden. 

Dr. rer. nat. Gerhard Stehlik, Diplomchemiker, Hanau  

Literaturverzeichnis 

[1] Erhart Kemnitz: Chemie (Gymnasium Sekundarstufe 2), Verlag Duden Paetec GmbH, Berlin 2005, Seite 503 

[2] Helmut Kraus: Die Atmosphäre der Erde – Eine Einführung in Meteorologie, Springer-Verlag, Berlin 2001 (ISBN 3-540-41844-X), Seite 125 

[3] Bundesministerium für Bildung und Forschung: Herausforderung Klimawandel, Berlin 2003, Seite 16  

[4] http://www.omega.de/pdf/ir-book/ti1008.pdf (auf der Homepage der Firma Newport Electronics GmbH, Daimlerstraße 26, 75392 Deckenpfronn, unter den Überschriften: „Literaturübersicht -Technische Informationen – IR-Messtechnik -Emissionsfaktor-Tabellen für metallische und nicht-metallische Werkstoffe.) Die frühere Tabelle mit dem Wert 0,67 für Wasser ist dort nicht mehr verfügbar. 

[5] Houghton, John T.: The Global Climate, Verlag Cambridge University Press, Cambridge (UK) 1985, Seite 226 (Konferenzbeitrag: K.Ya. Kondratyev and N.I. Moskaleno; The role of carbon dioxide and other minor gaseous components and aerosols in the radiation badget)  

[6] K.Ya. Kondratyev: Radiation in the Atmosphere, Verlag Academic Press Inc., New York 1969, Seite 805 und dto.: Radiation Processes in the Atmosphere, Verlag der WMO (WMO – No. 309), Genf 1972, Seite 202 

[7] Bergmann-Schaefer: Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 7, Erde und Planeten, Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin 2001, Seite 694 „Aggregatzustand: äußerer Kern = flüssig“, Seite 517, Seiten 448 ff.: „Zustandsgleichung für planetare Materie“) 

[8] Andrew P. Ingersoll: Venus: Express dispatches, Nature 450, 617, Fig. 1